Erstnachweise und Wiederfunde für die Käferfauna der Steiermark (Rückschau und Bilanz)

1976, auf Anregung von Alfred Mauerhofer aus meinem Wohnort Anger, Käferexperte und Präparator am Landesmuseum Joanneum, erinnerte ich mich wieder an meine Leidenschaft aus Kindheitstagen, Käfer zu sammeln. Der einzige noch existierende Beleg aus meiner damaligen Minisammlung ist ein Skelettrest eines Hirschkäfers von 1956 von einem Mostbirnenbaum auf der Nachbarwiese (siehe Foto). Mit Wiederbeginn meiner Sammlungstätigkeit versuchte ich diese auch auf professionelles wissenschaftliches Niveau zu heben. Sammelmethoden, Präparation, Bestimmung, Etikettierung und Dokumentation der Forschungsergebnisse in Karteikarten und später auf meiner Datenbank „Skarabaeus“ wurden angepasst.

Mein Exkursionsradius bezog sich anfänglich in erster Linie auf den Bezirk Weiz und hier vor allem auf das Zetzgebiet bei Anger und zusammen mit A. Mauerhofer entstand über die Forschungsstätte Raabklamm 1985 die Publikation „Käfer des Zetzgebietes“, Herausgeber Touristenverein „Die Naturfreunde“.

Große Hilfe und Förderung erfuhr ich mit dem Einstieg in die „Fachgruppe Entomologie“ am Landesmuseum Joanneum von Experten wie Erich Kreissl, Karl Adlbauer, Horst Walluschek-Wallfeld, Eugen Bregant u. a. Die Bestimmung vieler Arten erfolgte durch Carolus Holzschuh und er verhalf mir auch zu Kontakten mit zahlreichen europäischen Käferspezialisten. In der Fachgruppe wurde dann immer öfter auch über eine Checkliste der Käfer der Steiermark diskutiert. „Die Käfer der Steiermark“ aus 1871 von Karl Brancsik, die auch Angaben aus dem heutigen Slowenien beinhaltet und die umfangreiche Gebietsmonographie „Die Nordost-Alpen im Spiegel ihrer Landtierwelt“ aus 1974 und 1976 von Herbert Franz waren und sind eine gute Grundlage dazu.

Intensivierung meiner Exkursionstätigkeit, Ausdehnung meiner Untersuchungsziele und später Teilnahme an zahlreichen Projekten, vor allem über das „Ökoteam Graz – Institut für Tierökologie und Naturraumplanung“, brachten interessante, seltene und auch neue Funde, sodass es naheliegend war, diese auch zu publizieren und so entstand ab 1995 meine Serie „Erstnachweise und Wiederfunde für die Käferfauna der Steiermark“. Die ersten drei Folgen erschienen in den „Mitteilungen Landesmuseum Joanneum Zoologie“, die weiteren in der Nachfolgeserie „Joannea Zoologie“, Schriftleitung K. Adlbauer und später Wolfgang Paill. Die diesjährige Folge 21. ist die letzte in der „Joannea“. Die Zeitschrift wird eingestellt und ab 2025 durch die neue „Natura Styriaca“ ersetzt, die von der Abteilung Naturkunde des Universalmuseums Joanneum zusammen mit dem Naturwissenschaftlichen Verein für Steiermark herausgegeben wird.

Für mich ist dies Anlass auch eine statistische Bilanz über diese 21 Folgen zu ziehen:

  • 541 Erstnachweise/Erstmeldungen/erste sichere Meldungen
  • davon 56 neue Nachweise für Österreich
  • und davon 11 Erstfunde für Mitteleuropa
  • 461 der Erstfunde stammen aus eigenen Aufsammlungen  
  • von 407 weiteren Arten (Wiederfunde) existierten nur Nachweise vor 1950
  • 176 der Erstnachweise stammen aus meinem bevorzugten Untersuchungsgebiet, dem Europaschutzgebiet Feistritzklamm bei Herberstein, in dem mittlerweile 2283 Arten nachgewiesen werden konnten, davon 144 Arten der Roten Listen gefährdeter Käfer Österreichs und davon mit Lucanus cervus, Cerambyx cerdo, Osmoderma eremita (barnabita) und Cucujus cinnaberinus vier FFH-Arten, sowie 41 Arten aus der Liste der europäischen Urwald-Reliktarten. Die Feistritzklamm bei Herberstein gehört damit zu den bedeutendsten Käferreservaten Europas.

Eine neue und wertvolle Bereicherung zur Artenerhebung der steirischen Käferfauna sind die sozialen Forschungsnetzwerke „iNaturalist.org“ und „Naturbeobachtung.at“. Dank vieler Fotonachweise von über 300 Expert*innen u.a. Naturinteressierten konnten in den letzten Jahren zahlreiche Raritäten, Einwanderer und importierte Arten gemeldet werden, vor allem auch durch die „iNaturalist-City-Nature-Challenges“ im Raum Graz und angrenzenden Bezirken, organisiert und kuratiert von Gernot Kunz.

Die Checkliste der Käfer der Steiermark, der ich zur Zeit meine größte Aufmerksamkeit widme, liegt als Arbeitspapier vor, teilweise auch schon mit Einstufungen zu einer aktuellen Roten Liste. Sie umfasst derzeit ca. 5460 Arten.

Diese erfreulichen Zahlen zur Käferfauna der Steiermark sind neben Faktoren wie Klimaerwärmung und Globalisierung auch Ergebnis verstärkter Biodiversitätsforschung, dürfen aber nicht hinwegtäuschen über den Rückgang und Verlust an Arten und vor allem an Individuen pro Art. Eine Studie aus Krefeld, die auf Erhebungen im Zeitraum von 27 Jahren in 63 Schutzgebieten beruht, zeigt ein alarmierenden Ergebnis: Rückgang der Fluginsekten-Biomasse um 76%, weitere Untersuchungen in Deutschland seit den 1970er-Jahren sehen 42% der Arten als bestandsgefährdet. Über das Auftauchen neuer Arten für bestimmte Regionen zu recherchieren und zu dokumentieren – wie in meiner Serie – ist relativ einfach und mit eher geringem Arbeitsaufwand verbunden. Rückgang, Verschwinden und Aussterben von Arten vollziehen sich leise, schleichend, meist unbemerkt und können erst in jahrzehntelangen Studien nachvollzogen werden. Es gibt daher keinen Grund die Entwicklung der Insektenwelt positiv zu sehen.

Publikationen (PDFs)

Forschungsreisen Costa Rica

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